Immer
wieder taucht die Frage auf, woher die Posaunenchöre ihren Namen haben,
wo doch neben
den Posaunen auch Trompeten, Flügelhörner, Tenorhörner,
Tuben und manch andere Instrumente
mitspielen. Auch die ersten
Posaunenchöre, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden,
trugen
diesen Namen, obwohl schon damals andere Instrumente dabei waren.
Zwei Linien haben aller Wahrscheinlichkeit nach zu dieser Entscheidung
geführt und dafür
gesorgt, dass der Name Posaunenchor bis heute als ein
Markenzeichen kirchlicher Bläsergruppen
geführt wird.
Als in der Mitte des 17. Jahrhunderts protestantische Christen aus
Böhmen und Mähren vertrieben
wurden, haben sie sich in Sachsen
niedergelassen. Dabei brachten sie ihre Instrumente und ihre
musikalischen Fähigkeiten mit. So entstanden in vielen evangelischen
Gemeinden die so genannten
Kirchenmusiken. Darunter fanden sich auch
die “Kirchenposaunen” (Einige Originalinstrumente
und Noten aus dieser
Zeit können in der Ausstellung “Posaunenchöre von ca. 1720 bis heute”
besichtigt werden.). Bei den “Kirchenposaunen” wurden tatsächlich nur
Posaunen in unterschiedlichen
Stimmlagen geblasen (Die Ventile für die
moderne Trompete wurden erst ca. 100 Jahre später erfunden).
Diese
Tradition ist in einigen Posaunenchören der Herrnhuter Brüdergemeine
bis heute lebendig
geblieben, geriet aber ansonsten in Vergessenheit.
Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als aus der Begegnung mit der
Heiligen Schrift die
Erweckungsbewegung entstand, wuchs ein neues
Interesse am geistlichen Blasen.
Wohl auf Anregung von Wanderpredigern aus der Herrnhuter Brüdergemeine
bildeten sich kleine
Laien-Bläsergruppen, die zur musikalischen
Begleitung und Erbauung erweckter Gemeinden
spielten. Ihre Aufgaben
lagen zunächst außerhalb der Kirchenmauern. Bei Missions- und
Jahresfesten,
auf Straßen und Plätzen, in Gefängnissen und
Krankenhäusern taten sie ihren Dienst. Organisatorisch
waren sie bei
den landes- und freikirchlichen Gemeinschaften und in den christlichen
Vereinen (heute
CVJM) eingebunden.
In diesen geistlich geprägten Gruppen spielte das Bibellesen eine große
Rolle. In der Bibel steht die
Posaune immer wieder im Zentrum von
kultischen Feiern, als Inbegriff für die Stimme Gottes.
Dass es in jener Zeit noch gar keine Posaunen gab und an den
entsprechenden Stellen richtiger
“Widderhorn” oder “Schophar” stehen
müsste, hat man sich lange nicht bewusst gemacht. Die Posaune
hat sich
im Mittelalter über die Busine aus der (Natur-) Trompete entwickelt.
Ihr dunkler majestätischer
Klang schien Dr. Martin Luther einfach
geeigneter, die Nähe und Stimme Gottes zu symbolisieren.
Darum hat er
den Lesern seiner Zeit mit der Übersetzung des “Schophar” als “Posaune”
eine schönere
Vorstellung der Stimme Gottes angeboten, als sie sich mit
dem Klang des Widderhorns verband.
Die Kraft seiner Übersetzung verknüpft in der protestantischen
Christenheit die Stimme Gottes bis heute
fest mit dem Klang der
Posaune. Dass die Posaune (das Schophar) ein priesterliches Instrument
war, hat zusätzlich dazu beigetragen, dieses Instrument als besonders
geeignet für den musikalischen
Verkündigungsdienst der Posaunenchöre zu
halten und dies in der Namensgebung “Posaunenchor”
programmatisch
anzudeuten.
Das Instrumentarium der Posaunenchöre hat sich in der Geschichte
mehrfach gewandelt und damit
auch dem Wandel des musikalischen
Empfindens Rechnung getragen. Auch die Aufgabengebiete
haben
Veränderungen erfahren. Heute verstehen sich die meisten Posaunenchöre
als Teil der
kirchenmusikalischen Arbeit ihrer Gemeinden, wenn gleich
das Musizieren außerhalb der Kirchenmauern
immer noch einen hohen
Stellenwert hat. Auch die Landesverbände tragen als Posaunenwerke die
“Posaune” programmatisch in ihrem Titel, und der neue Dachverband für
alle Werke und Verbände,
die in Deutschland Posaunenarbeit betreiben,
heißt demzufolge “Posaunendienst”. Dabei steht die
Posaune immer als
Synonym für das geistliche Blasen im Namen Gottes, zu dessen Lob die
Bläserinnen und Bläser ihre Instrumente erklingen lassen.